Mit der neuen Rubrik #sportlerfrage widmet sich das Redaktionsteam des Diagnostikzentrums ab Januar 2016 euren ganz persönlichen Fragen in Sachen Sport, Puls, Training & Co.

Der jeweilige Artikel erscheint immer donnerstags und wenn auch du eine Frage hast, schick uns eine Nachricht mit dem Betreff „Die Sportlerfrage“. In der ersten Folge geht es um das Thema „Hochpulser“.

Ein Artikel von Dipl. Sportlehrer Markus Weber

Das Hauptmotiv, warum Leute zu uns in die Diagnostikzentren kommen und eine Leistungsdiagnostik erstellen lassen, ist die Frage, ob sie gesund sind und wie es um ihre Fitness bestellt ist. Dicht gefolgt wird dieses Motiv von der Frage, was derjenige tun kann, um seine Leistungsfähigkeit zu steigern. Unserer Meinung nach ist letzteres sehr wichtig, denn das ist die Stärke der Leistungsdiagnostik, das wir unseren Kunden das Handwerkszeug in die Hand geben, ihr Training auf die aktuelle Leistung abzustimmen, um möglichst effektiv und zeitsparend die Fitness zu bessern und somit natürlich auch die Gesundheit zu stärken.

Eine zentrale Frage von uns ist hier die Frage nach den bisherigen Trainingsgewohnheiten, insbesondere nach den Pulswerten, nach denen bisher trainiert wurde (falls schon gemessen wurde). Interessant für uns ist, welchen Bereich derjenige als Wohlfühlbereich, in welchem er den Schwerpunkt seines Trainings verbringt, bezeichnet. Nicht selten kommt es vor, dass Leute in eher höheren Bereichen trainieren und von sich selbst denken, dass sie Hochpulser sind. Da ist die Leistungsdiagnostik mit Bestimmung der Stoffwechselparameter das ideale Mittel, dies zu ergründen und zu beurteilen. Wir können also feststellen, ob jemand ein Hochpulser ist oder aber zu intensiv trainiert und sich an zu hohe Trainingsbereiche gewöhnt hat.

Was ist nun ein Hochpulser?

Es gibt die Möglichkeit, Trainingsintensitäten nach Pulsformel zu bestimmen: Beispielsweise 220 minus Lebensalter für den berechneten Maximalpuls, davon z.B. 60-75 % (hier existieren unterschiedliche Empfehlungen in der Literatur) für den Grundlagenbereich (GA1-Training). Viele kommen hier schon an eine Grenze, da sie die Vorgaben nicht einhalten können. Genauer wird es, wenn der Maximalpuls im Training bestimmt wird, doch selbst dann haben viele noch Schwierigkeiten mit der Einhaltung der berechneten Pulsbereiche.

Verständlich, denn Pulsformeln basieren auf Mittelwerten und können somit die Stoffwechselsituation des Einzelnen nicht erfassen. Da aber viel Zeit und Energie in das Training investiert wird und es schade wäre, wenn diese Zeit nahezu umsonst und uneffektiv ist, wäre vor allem in diesen Fällen eine Bestimmung der Stoffwechselparameter mittels Leistungsdiagnostik das Mittel der Wahl.

Hier wird genau der umgekehrte Weg gegangen: Die Pulsformel schätzt über Mittelwerte, was in der Muskulatur passiert. Wir messen hingegen den Anteil des Fett- und Kohlenhydratstoffwechsels und legen daraufhin die richtigen Pulswerte fest. So können wir eindeutig entscheiden, ob nun jemand ein Hochpulser ist und infolge dessen natürlich auch mit höheren Herzfrequenzen (als es vielleicht die Pulsformel vorgeben würde) trainieren darf oder ob er/sie zukünftig das Training etwas lockerer angehen und sich mit niedrigeren Intensitäten (= Pulswerten) belasten sollte.

Hochpulser: Unterschiede zwischen Mann und Frau

Hochpulser(innen) sind häufiger bei Frauen als bei Männern anzutreffen und meist ist der hohe Puls unter Belastung gepaart mit niedrigen Blutdruckwerten (wodurch die Herzfrequenz dann kompensatorisch schnell ansteigt).

Die Herzfrequenz (HF) wird von vielen Faktoren beeinflusst, so auch in entscheidendem Maße von genetischer Veranlagung. Ein typischer „Hochpulser“ hat genetisch bedingt überdurchschnittlich hohe HF-Werte, vor allem bei Belastung und oft auch in Bezug zu seiner maximalen HF.

Meist haben Hochpulser schon beim Schuhe-Binden einen Puls von 120-130 Schlägen/min, kaum laufen sie los, erreichen sie schnell Werte von 140-160 Schlägen/min (und höher) – ohne sich dabei annähernd überfordert zu fühlen. Im Gegenteil, Hochpulser können hierbei die Belastung oft noch erheblich steigern, ohne dass dabei die HF einen großen Anstiegswert aufweist.

Bei solch einem „Typus“ sind auch entsprechend höhere HF-Vorgaben notwendig, um ein effektives Training zu ermöglichen. 

Gerade die „Hochpulser“, die sich dadurch auszeichnen, dass sie bei geringen Belastungsintensitäten schon mit recht hohen HF-Werten einsteigen, deren max. HF aber nicht zwangsläufig überdurchschnittlich hoch sein muss, werden – nach üblichen Standards ermittelt – ihr Sportlerleben lang HF-Vorgaben bekommen, die sie niemals einhalten können. Dies gilt gerade für die unteren Intensitätsbereiche (Grundlagenausdauertraining).

Frauen sind im Allgemeinen eher davon betroffen. Sie haben meist einen anderen Puls-Leistungskurven-Verlauf als Männer, ihre Herzfrequenzkurve verläuft anfangs oft steiler: im Normalfall hat sie im geringen Intensitätsbereich deutlich höhere HF-Werte als ein Mann. Mit zunehmender Belastungsintensität wird dieser Unterschied geringer, so dass sich die HF-Kurve dann immer mehr angleicht und so z.B. die max. HF sogar nahezu identisch sein kann. Dies liegt darin begründet, dass sich bei einer Frau, bei steigender Belastung im niedrigen Intensitätsbereich, nur die HF erhöht, nicht aber das Herzschlagvolumen (= Blutmenge, die das Herz pro Schlag in den Kreislauf pumpt). Erst bei höherer Belastung erhöht sich bei Frauen letzteres. Bei einem Mann hingegen erhöht sich von Beginn an beides. Da beide Faktoren aber maßgeblich die Blut- und damit Sauerstoffversorgung beeinflussen, muss ein fehlender bzw. nur niedriger Anstieg des Herzschlagvolumens bei einer Frau durch eine entsprechend höhere HF ausgeglichen werden. Bei gleicher Intensität und bei gleicher maximaler HF kann so eine Frau bei einer niedrigen Belastung eine bis zu 5-10% höhere HF im unteren Trainingsbereich aufweisen als ein Mann.

Bist du auch Hochpulser? Oder weißt du es noch nicht sicher? Schreib uns doch eine Nachricht in den Kommentaren. Vielleicht können wir dir weiterhelfen.

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