Bin ich eine Hochpulserin?
In unserer täglichen Arbeit als Leistungsdiagnostiker ist ein zentrales Thema der Puls, sei es in Ruhe oder unter Belastung. Zunächst zum Ruhepuls: Sinnvollerweise wird dieser auch in absoluter Ruhe gemessen, um aussagekräftige Werte zu haben. Ein guter Zeitpunkt ist morgens nüchtern vor dem Aufstehen. Messe den Ruhepuls eine Woche lang am Morgen und bilde den Durchschnittswert. Grundsätzlich weist ein niedriges Ruhepulsniveau auf einen guten Trainingszustand hin, es ist aber auch genetisch beeinflusst, zudem können Medikamente den Puls beeinflussen. Wenn Du eines Morgens Abweichungen von Deinem gewöhnlichen (über eine Woche ermittelten) Ruhepulsniveau feststellst, solltest Du vorsichtig sein, wenn Du sportlich aktiv werden möchtest: Es kann ein Infekt dahinterstecken, den Du womöglich noch gar nicht durch eine schniefende Nase oder kratzenden Hals bemerkst; aber Dein Immunsystem arbeitet schon auf Hochtouren, was einen höheren Puls nach sich zieht (z.B. eine Abweichung von 10-15 S/min nach oben).
Hohe Ruhepulsniveaus können durch unterschiedliche Faktoren bedingt sein. Kläre für Dich, ob Du unter Dauerstress stehst, Deine Anspannung nicht los wirst, schlecht geschlafen hast, wenig Flüssigkeit trinkst (oder auch zu viel Alkohol), sonst auch ungesund lebst und Dich zu wenig bewegst. Auch Ängste und andere psychische Belastungen können hinter einer Hochpulsigkeit stecken.
Ein niedriger Blutdruck kann dabei eine Hochpulsigkeit begünstigen
Sollest Du Ruheblutdruckwerte von beispielsweise 90/50 mmHg haben und vom Liegen oder Sitzen schnell aufstehen, so schießt Dein Puls wahrscheinlich raketenartig nach oben, da Dein tiefer Blutdruck zu langsam reagiert und Dein Körper somit über den hohen Puls versucht, den Kreislauf stabil zu halten, damit Dir nicht schwindlig wird oder schwarz vor Augen.
Unter Belastung sehen wir in unserer Arbeit als Diagnostiker nicht selten hohe Herzfrequenzen, vor allem bei schlanken Frauen mit niedrigem Blutdruck. Wenn sie auf das Laufband oder Fahrradergometer steigen, sind die Pulswerte oft schon im dreistelligen Bereich. Und wenn es mit der Belastungstestung losgeht, sind sie schnell bei 140-160 S/min. Das ist zunächst nicht bedenklich (auch wenn sich die Probanden gerne Sorgen darüber machen), aber wir sehen am Verlauf der Laktatwerte und der Atemgase, ob die Muskulatur in den hohen Pulsbereichen noch im aeroben Stoffwechsel, also im Sauerstoffüberschuss ist und somit im gesunden Bereich arbeitet. Und das ist der entscheidende Faktor: Denn wenn der Stoffwechsel der Muskulatur noch nicht an der Grenze zum anaeroben Bereich (= Kohlenhydratstoffwechsel) ist, so sind auch die hohen Pulswerte (die gerne mal bei 170/180 S/min liegen können) unbedenklich und können auch im nachfolgenden Training angesteuert werden.
Zurück zum Ruhepuls: Grundsätzlich sind hohe Pulswerte in Ruhe nicht gefährlich (im Gegensatz zum hohen Blutdruck) und meist nur ein Symptom. Sie sollten aber beobachtet werden. Denn wenn Dein Herz in Ruhe anstatt 60 S/min eine Arbeit von 90 S/min machen muss, dann sind das täglich 43.200 Schläge mehr als beim „Normalpulser“ und 72.000 Schläge mehr als bei einem gut Trainierten, der einen Ruhepuls von 40 S/min erreicht. Auf das Jahr gerechnet kann hier ein Unterscheid von 25.000.000 Millionen Schläge zusammenkommen, eine beachtliche Menge. Wir wollen Dich nicht beunruhigen, denn das Herz hat nicht eine maximale Schlagzahl, an dem es seinen Dienst quittiert, genauso wie der Motor eines Autos: Manche haben bei 300.000 Kilometer Fahrleistung schon einen Motorschaden, andere fahren Ihre Autos gut und gerne 900.000 Kilometer, v.a. wenn sie schonend fahren und den Ölwechsel rechtzeitig machen.
Und genau das ist der wichtigere Faktor: Gehe schonend mit Deinem Herz um und pflege es! Wir wollen Dich motivieren, Dich um die Bedürfnisse Deines Herzens zu kümmern: Das beginnt mit der richtigen Flüssigkeitszufuhr (siehe dazu auch den Absatz Trinkmenge und Hochpulser). Dein Herz ist zudem ein unermüdlicher Arbeitsmuskel, und Dein Herz will Arbeit haben: Bewege Dich also regelmäßig, um es zu fordern, aber nicht zu überfordern! Und hier ist wiederum der entscheidende Faktor, mit welchem Puls Du beim Joggen, Radfahren, Schwimmen oder sonstigen Aktivitäten unterwegs bist.