Ein Eintrag im Tagebuch unserer „Couchpotato des Jahres 2015“, Marion Goldschmidt

Von der Couch-Potato zur „Renn-Schnecke“

Es ist der Corona-Februar 2021, ich sitze gerade mit meinem Mann und meinen Kindern bei einem Spieleabend zusammen, als mein Handy klingelt. Ich gehe dran und… muss mich ganz kurz sammeln! Die Stimme kenne ich doch?

Es ist Markus vom Diagnostik Zentrum in Scheidegg. Mit diesem Menschen habe ich seit über 5 Jahren nicht mehr gesprochen und trotzdem, oder gerade deshalb freue ich mich wie ein Honigkuchenpferd, dass er sich bei mir meldet.

Wir haben uns im Juli 2015 kennengelernt, denn dort bin ich durch ein lustiges Gewinnspiel zu einer Leistungsdiagnostik in Scheidegg gekommen. Ich hatte mich damals als Couch-Potato beworben und den ersten Preis gewonnen. Ich wollte endlich  meinen Hintern vom Sofa hochbekommen und beginnen, das Leben zu leben, von dem ich so viele Jahre geträumt habe.

Damals ging es mir nicht besonders gut, ich war permanent gestresst, wog über 80 Kilo (mein Höchstgewicht waren 84 🥺 bei einer winzigen Körpergröße von 1,54m). Ich fühlte mich ganz und gar nicht wohl in meiner Haut und war einfach unfit.

Am heißesten Tag des Jahres 2015 lief ich also schwitzend und schnaubend auf einem Laufband im Allgäu. Es war mir unendlich peinlich. Zum Glück waren wahnsinnig nette Menschen um mich rum, die mir das Gefühl gaben, dass alles gut ist.

Und so verließ ich mittags das Diagnostikzentrum hoch motiviert, ausgestattet mit vielen Informationen und einem Trainingsplan, der auf mich persönlich zugeschnitten war… Cool!

Tja und dann?
Dann lief ich los.
Natürlich sehr langsam und am Anfang auch mehr gehend, als rennend.

 

Doch ich lief, Kilometer um Kilometer.

Es wurde Herbst und Winter, es war eiskalt und viel zu früh dunkel, aber ich lief weiter. Und irgendwann passierte das Unfassbare:

Ich lief (ich meine so richtig „joggend“) das erste mal 5 Kilometer am Stück!! Voller Stolz hatte ich das Gefühl, einen riesigen Sieg errungen zu haben.

Seit diesem Winter laufe ich… regelmäßig. Phasenweise joggend, in anderen mehr walkend.

Ich habe in diesen ersten Monaten über zehn Kilo abgenommen, ohne Diät, einfach durch mehr Bewegung. Mir tat das draußen sein so gut, dass ich ausgeglichener wurde, weniger stressbedingte Essanfälle  hatte und so pendelte sich das Ganze ein.

 

War es immer einfach?

Sicher nicht. Dann half ich mir mit kleinen Tricks, zum Beispiel spannenden Hörbüchern, die ich nur beim Laufen hören durfte.

Doch mit der Zeit begann ich, meine Zeit draußen zu genießen! Zeit für mich alleine. Zeit zum Nachdenken. Zeit zum Abschalten.

Und Wetterfest bin ich eh, da kann mich kein Wind und kein Regen aufhalten. Im Gegenteil, inzwischen mag ich es besonders, wenn es richtig schmuddelig ist. Dann spüre ich den Regen auf den Haut und fühle den Wind in den Haaren. Und dieses wunderbare Gefühl, nach so einem Matsch-Lauf dreckig wie ein Schweinchen unter die heiße Dusche zu springen.

 

Herrlich!!

Was sich als weiteres, besonders großes Glück ergeben hat, war die Bekanntschaft mit einer wundervollen Frau, die mir inzwischen sehr ans Herz gewachsen ist.

Als wir uns kennenlernten, war auch sie gerade dabei abzunehmen und so haben wir uns zum Walken verabredet. Aus diesem einen Lauf sind inzwischen hunderte geworden. Unsere „Tratschwalkrunden“ sind uns heilig. Zwei bis drei mal die Woche schaffen wir es und das ist Balsam für den Körper und die Seele!!

Das bin ich, vor gut zwei Jahren. Mit viel mehr Wohlbefinden und einem deutlich bewegteren Alltag. Doch an dieser Stelle war noch nicht Schluss! Die fünf Kilometer Distanz habe ich nie übertroffen. Auch hatte sich mein Gewicht recht stabil auf End-60 eingependelt…

Bis ich letztes Jahr im Sommer für einige Wochen in eine Reha durfte. Dort habe ich viel Zeit mit mir selbst verbracht. Was für ein Geschenk!

Die letzten Jahre waren nicht einfach, eines unserer Kinder war schwer erkrankt und mir tat diese Auszeit unglaublich gut.

Ich ging in diesen Wochen viel spazieren, ich lief meinen Sorgen sozusagen einfach davon, an manchen Tagen über 30000 Schritte. ;o)

Und nach einer längeren reinen „Gehzeit“, begann ich dort auch wieder mit dem Laufen.

Ich wusste ja noch, wie es ging. Am Anfang mit vielen Gehpausen und schön langsam.😅

Zack – da hatte mich der Ehrgeiz wieder gepackt. Wenn ich einmal fünf Kilometer joggen konnte, geht das sicher auch noch mal.

 

Und das tat es.

Zufällig war ein sympathischer Italiener mit mir in dieser Reha, ein leidenschaftlicher Ultra-Marathon-Läufer. Im Tausch gegen den ein oder anderen Espresso schaute er sich meine Lauftechnik an, gab mir einige Tipps mit auf den Weg und motivierte mich weiter zu machen.

Also blieb ich dabei.

Und so laufe ich – bis heute.

Ja, sogar die 10 Kilometer sind geknackt, und auch vor kleinen Bergen habe ich keine Angst mehr!

Ich radel mit dem Rad zur Arbeit, geh am Wochenende leidenschaftlich gerne Wandern und bin so fit, wie noch nie in meinem Leben. Dabei bin ich inzwischen über 40!!

Es ist unfassbar, wie schön es ist, sich wohl in seinem Körper zu fühlen, mit den Kindern um die Wette zu rennen, an einem miesen Tag zu den Turnschuhen, statt zur Chipstüte zu greifen.

Und ganz von allein, über viele Monate hinweg, hat sich mein Gewicht weiter reduziert. Ich wiege mich nicht regelmäßig, doch war ich wahrlich erstaunt als ich plötzlich die so lang erträumte „5“ vorne auf der Waage sah.

In diesen Jahren ist mein BMI von über 34 auf 24 gesunken.

 

Verrückt oder?

Keine Diät hat je geschafft, was Bewegung und Selbstfürsorge bewirkt haben.

Ich laufe, weil es mir einfach undendlich gut tut, weil ich laufen möchte. Weil die frische Luft den Kopf frei pustet.

So, Ihr habt es geschafft. Das war meine kleine (?) Geschichte, wie ein Vormittag vor fünf Jahren mein Leben ganz schön auf den Kopf gestellt hat.

Danke lieber Markus, für Deinen Anruf und Deiner Frage, wie es mir ergangen ist.

Danke für den professionellen und motivierenden „Tritt in den Hintern“. 

Ohne Dich und Dein Team wäre ich heute nicht da, wo ich bin.

Und ich muss sagen, es gefällt mir hier ausgesprochen gut!! 😊

Es ist wichtig, die richtige Balance zu finden. ;o)
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