Medizin / Wissenschaft: Wenn der Muskel krampft

Ein Artikel von Diplom-Sportlehrer Markus Weber

Es wird kontrovers über die Rolle des Magnesiums diskutiert, inwiefern ein Mangel Krämpfe begünstigt und ob eine Magnesiumgabe die Krampfanfälligkeit herabsetzen kann. Schneider und Fitch-Hilgenberg postulieren nach ihrer Studie:

„No significant differences in intakes of Ca or Mg were found among the athletes that reported cramping and those who did not report cramping.“

Soll also die allseits bewährte und propagierte Magnesiumgabe nichts bringen? Direkt im Wettkampf ist das klar, doch müssen die Magnesiumspeicher nicht bis zum Wettkampf gefüllt sein? Sicherlich ist die Studienlage noch dünn und viele schwören auf ihre guten Erfahrungen mit dem bei Sportlern beliebten Spurenelement Magnesium.

Die Forscher fokussieren sich beim Thema Muskelkrämpfe zunehmend mehr auf den neuromuskulären Bereich, also das Zusammenspiel und die Reizübertragung zwischen Nerv und Muskel. Hier spielt das sogenannte Golgi-Sehnenorgan eine entscheidende Rolle, da es für die Messung der Muskelspannung zuständig ist. Die Muskelermüdung führt dazu, dass dieses in seiner hemmenden Funktion eingeschränkt ist; gleichzeitig werden die Muskelspindeln, die den Dehnungsreflex auslösen können, durch die Ermüdung befeuert. Der Dehnungsreflex antwortet auf eine Überdehnung mit einem unwillkürlichen Zusammenziehen des Muskels. Vereinfacht gesagt: Die Muskelermüdung beeinträchtigt den Mechanismus für Entspannung, gleichzeitig überreagiert der Mechanismus der Anspannung; und dann ist es soweit, der Muskel krampft!

Die Sporthochschule Köln ist gerade in den Endzügen einer Studie, die eigentlich der Kraftentwicklung gewidmet war. Doch wie so häufig in der Wissenschaft ergeben sich neben dem eigentlichen Studienfokus erstaunliche Nebeneffekte, die dadurch in den Blickpunkt des Interesses wandern. Behringer, Leiter der Muskelforschung an der DSHS, sagt im Bezug auf Muskelkrämpfe:

„Aber meist scheint eher eine neuromuskuläre Dysbalance die Ursache zu sein.“

In der Studie wurden die Probanden an ein Elektromuskel-Stimulationsgerät (EMS) angeschlossen. Dabei wurden über das Gerät Krämpfe ausgelöst. Hier kam es weniger auf die Stromstärke als auf die Frequenz an. Die Krampfschwelle lag im Mittel bei 22 Hertz. Nach nur sechs EMS-Krampfsitzungen sei diese Schwelle auf mehr als 33 Hertz angestiegen. „Dieser protektive schützende Effekt hielt mindestens ein Woche an“, so die Sportwissenschaftler aus Köln. Das ursprüngliche Studienziel, einen Kraftzuwachs nachzuweisen, war übrigens widerlegt, es kam zu keinerlei Anstieg der Kraftfähigkeiten. Jetzt sind Behringer und sein Team dran, herauszufinden, wie lange der protektive Effekte der EMS anhält und ob schon eine einzige Sitzung reicht, die Krampfschwelle anzuheben. Denn der Krampf entscheidet über Erfolg und Misserfolg im Wettkampf.

Wir sind natürlich gespannt auf die nachfolgenden Ergebnisse.

Literatur:
Medizin: Schneider, Jennifer, and Marjorie Fitch-Hilgenberg. „Correlation of calcium and magnesium intakes to frequency of muscle cramps in female college athletes.“ Letter from the Dean (2009): 41.

Training gegen Muskelkrämpfe

Ein Artikel von Diplom-Sportlehrer Markus Weber

Ausdauertraining ist für Körper und Seele eine entspannende Sache. Doch es kommt nicht selten vor, dass sportlich Aktive auch vermehrt von Krämpfen geplagt werden. Warum krampft der Muskel, wo doch ein lockeres aerobes Ausdauertraining immer für seine entspannende Wirkung gepriesen wird?

Schauen wir uns erst einmal die Physiologie an:

Was passiert bei einem krampfenden Muskel?

Die Muskelarbeit ist ein ständiges Zusammenziehen und Loslassen. Bei Anspannung ziehen Elemente in den Muskelzellen ineinander, so dass der Muskel kürzer wird. Danach löst sich der Muskel wieder und die Muskelfilamente ziehen sich wieder auseinander. Um diese Arbeit zu leisten, braucht die Muskelzelle Energie in Form von ATP (vorwiegend aus Kohlenhydraten gewonnen) sowie Elektrolyte wie Magnesium, Calcium, Kalium und Natrium. Bei längerer und/oder intensiverer Belastung werden die Energie- und Elektrolytspeicher allmählich entleert. Das kann so weit gehen, dass sich die Muskelfasern nicht mehr lösen können und zusammengezogen bleiben; ein allseits gefürchteter Krampf setzt ein, und dieser kommt besonders ungünstig, wenn die Ziellinie schon in Sicht ist. Doch nicht nur unter sportlicher Belastung, sondern auch in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden werden Leute von Muskelkrämpfen geplagt, hier typischerweise als Wadenkrampf.

Das erste, was den Leuten bei Krämpfen einfällt ist Magnesium, das haben die Pharmaindustrie und die Nahrungsergänzungsanbieter schon geschafft.

Was kann ich aber im Training tun, um Krämpfe zu vermeiden?

Treten Krämpfe bereits beim Training auf, sollte die Frage nach dem richtigen Trinkverhalten und ein möglicher Salzverlust gestellt werden. Ferner ist in Erwägung zu ziehen, ob mit der richtigen Intensität (= Pulswerte unter Belastung) trainiert wurde. Auch wirft sich die Frage auf, ob der sportliche Aktive sich entsprechend seiner körperlichen Verfassung im richtigen Umfang belastet. Letztere Fragstellungen können natürlich leicht mit einer Stoffwechsel- und Leistungsdiagnose beantwortet werden, da hier der Momentanzustand exakt erfasst wird und somit überprüft werden kann, ob das Sportprogramm für den Probanden passt. Besonders für Leute, die nach längerer Sportpause wieder in das Training einsteigen ist diese Maßnahme unentbehrlich, um Probleme zu vermeiden.

Muskelkrämpfe im Wettkampf

Leidet der Sportler vor allem in Wettkämpfen unter Krämpfen, sollte genauer untersucht werden, ob die Wettkampfambitionen nicht zu hoch gesteckt wurden; denn hier kann der Muskelkrampf ein durchaus wichtiges Signal sein, welcher die physiologischen Grenzen aufzeigt und klar legt, dass die Muskulatur nicht gut auf die Belastung vorbereitet wurde. Auch hier gibt eine Leistungsdiagnostik wertvollen Aufschluss.

Bei nächtlichen Krämpfen sollte ein Augenmerk auf die Regeneration geworfen werden. Denn schlecht erholte Muskeln neigen dazu, in der Nacht zu krampfen; neben bewährten Maßnahmen wie Auslaufen, dem gehaltenen Dehnen (= Stretching, reduziert den Muskeltonus und gibt dem Kleinhirn über die Muskelspindel das Signal, dass jetzt wieder eine Ruhephase kommt) sowie kurzen Kaltanwendungen (kalter Guss oder Dusche/Wechseldusche) oder Sauna kommt vor allem auch der Ernährung und dem Trinkverhalten eine entscheidende Rolle zu.

Tipps für eine gute Ernährung bekommst Du im Ernährungsteil.

Ist der Grund für die Muskelkrämpfe im sportlichen Bereich zu finden, sind die Maßnahmen dagegen eher simpel: Das Training sollte deiner aktuellen Fitness angepasst werden, um dich nicht zu überfordern. Plane zudem ausreichend Regenerationsphasen ein, ernähre Dich ausgewogen und trinke genug beim Sport. Dehne und strecke die betroffene Muskulatur beim Krampfen vorsichtig, so dass sich der Krampf wieder löst.

Und wie sieht das bei euch aus?

Wie sind eure Erfahrungen mit Krämpfen im Training, während des Wettkampfs? Was hat euch geholfen? Wir freuen uns, wenn ihr unsere Anregungen & Tipps mit euren Erfahrungswerten ergänzt.

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