Medizin / Wissenschaft: Was passiert im Körper bei Seitenstechen?

Medizin / Wissenschaft: Was passiert im Körper bei Seitenstechen?

Das Laufen ist eine zyklische Sportart, bei der ein immer wiederkehrender Bewegungsablauf stattfindet. Rechter und linker Fuß treten abwechselnd auf den Boden, die auftretende Schwingung zieht dabei die inneren Organe mit jedem Schritt nach unten. Dabei bilden Dick- und Dünndarm, Magen, Milz und vor allem die Leber durchaus ein schweres Gewicht im Körper des Läufers. Das Ganze hängt am Zwerchfell wie an einem dünnen Faden.
Gleichzeitig atmet der Läufer, dies je nach Laufgeschwindigkeit, etwas schneller oder langsamer. Bei der Ausatmung wird je nach Atemgeschwindigkeit das Zwerchfell nach oben bewegt, bei flottem Lauftempo und somit schneller Atmung geschieht dies sogar sprunghaft. Bei jedem Schritt bewegen sich also die inneren Organe nach unten, das Zwerchfell gleichzeitig nach oben; diese an sich natürlich Anspannung kann aber unter Umständen auch einen schmerzhaften Krampf auslösen, der dann als Seitenstechen bezeichnet wird. Verantwortlich werden hier vor allem die Bänder gemacht, die über die Leber laufen. Eventuell begünstigt aber auch die mechanische Reizung von im hinteren Bereich des Bauchfells gelegener Areale das Seitenstechen.

Jetzt gibt es Menschen, die schneller zu Seitenstechen neigen und manche, die so gut wie gar nicht davon betroffen sind, egal was sie vor dem Laufen gegessen und getrunken haben und wie schnell sie joggen. Was bedingt nun diese höhere Anfälligkeit für diese unangenehmen Stiche unter dem Rippenbogen? Hier sind sich Medizin und Wissenschaft noch nicht ganz einig. Diskutiert wird von einer schlechteren Durchblutung des Zwerchfells bis hin zu einer stärkeren Ermüdung der Zwerchfellmuskulatur bis hin zu Krämpfen der Bauchmuskulatur und Reizungen des Bauchfells.

Günstige Faktoren für Seitenstechen

Es gibt Faktoren, die eine Auslösung von Seitenstechen begünstigen: Das ist natürlich einerseits das Essen bzw. die Nahrung, die noch im Magen verweilt; es sollte immer daran gedacht werden, dass fettreiche Speisen eine deutlich längere Magenverweildauer haben und sich somit eher seitenstechenauslösend äußern; hier sollte der Zeitpunkt zwischen der letzten Mahlzeit und der nächsten Laufeinheit dementsprechend länger gewählt werden. Auch ein zu hohes Körpergewicht, also Übergewicht und insbesondere die Adipositas (= schweres Übergewicht, Fettleibigkeit) begünstigen ebenfalls das Seitenstechen. Gerade beim schweren Übergewicht muss aber eh geprüft werden, ob Laufen oder aber besser alternativ des Walken, Wandern oder nur das schnelle Gehen die besseren Sportarten sind.

Längere Bergabstrecken neigen auch mehr dazu, Stiche unter dem Rippenbogen auszulösen. Das hängt sicherlich mit den etwas höheren Auftreffgeschwindigkeiten zusammen, was eine stärkere Schwingung der inneren Organe nach sich zieht. Dem kann man aber entgegnen, dass man kleine Schritte und eine hohe Schrittfrequenz beim Bergablaufen wählt, was gleichzeitig auch für die Gelenke und passiven Strukturen schonender ist.

Seitenstechen: Starke Muskulatur hilft!

Begünstigend zur Auslösung des Seitenstechens wirkt auch eine schlecht entwickelte Bauchmuskulatur. Denn gut entwickelte Bauchmuskeln stabilisieren den Bauchraum und geben den inneren Organen nicht übermäßig Platz zum Schwingen. Eine gleichzeitig neben einer gut ausgeprägten Bauchmuskulatur praktizierte Bauchatmung reguliert das Schwingen der inneren Organe. Kommt dazu noch ein guter Trainingszustand und ein der Belastung angemessenes Lauftempo, so wird das Seitenstechen recht unwahrscheinlich. Um einen guten Trainingszustand zu erreichen sowie ein angemessenes Lauftempo zu finden, gleichzeitig die richtigen Übungen zum effektiven Training der Bauchmuskulatur zu machen, dazu kannst Du unsere Stoffwechsel- und Leistungsdiagnose inklusive einer Rumpfkraftdiagnostik nutzen.

Ernährung: Wie kann ich essen, um kein Seitenstechen zu bekommen?

Ernährung: Wie kann ich essen, um kein Seitenstechen zu bekommen?

Was kann man im Ernährungsbereich tun, um Seitenstechen zu vermeiden?

Es gibt manche, die reagieren schnell mit diesen Stichen unter dem Rippenbogen, andere sind da durchaus robuster. Interessant ist es sicherlich, die Tageszeit beim anstehenden Lauf zu betrachten. Beim Early Morning Run liegt es in der Natur der Sache, nüchtern zu laufen, da dieser Lauf dafür gedacht ist, frei von Magenfüllung und unbeschwert locker im tiefen Fettstoffwechselbereich zu laufen.

Sinn macht es aber durchaus, vor dem Lauf etwas Flüssigkeit zu sich zu nehmen; mit der geeigneten Trinkmenge muss aber jeder selbst experimentieren, da die Verträglichkeit bezüglich der Trinkmenge erfahrungsgemäß sehr unterschiedlich ist. Wer zu Seitenstechen neigt, kann sich überlegen, mit Trinkgürtel zu laufen, um immer nur kleine Trinkportionen zu nehmen.

Seitenstechen bei Läufen untertags

Anders sieht es mit den Läufen aus, die untertags gemacht werden. Hier besteht immer eine gewisse Magenfüllmenge, die der laufende Körper vertragen muss. Liegt eine Zeit zwischen 3-4 Stunden zwischen letzter Nahrungsaufnahme und Laufeinheit oder war es lediglich eine leichte und gut verdauliche Kost, so ist die Magenfüllmenge vernachlässigbar. War es aber eine fettreiche und üppige Mahlzeit, so ist die Magenverweildauer durchaus länger und der verbleibende Nahrungsbrei kann dem Läufer bei Anfälligkeit Beschwerden machen. Du vermeidest Seitenstechen beim Laufen daher am ehesten, wenn der Magen wenig gefüllt ist.

Fotocredit: Tobias Mrzyk

Training: Die richtige Atemtechnik bei Seitenstechen

Training: Die richtige Atemtechnik bei Seitenstechen

An diesem wunderbaren Samstagmorgen gehst Du nach draußen und freust Dich am schönen Sonnenaufgang, die ersten Sonnenstrahlen des Tages wärmen bei Deiner Laufrunde Dein Gesicht. Doch plötzlich kommt er, der Schmerz unter dem Rippenbogen, ein fieses Stechen. Du läufst langsamer und drückst mit dem Finger unter den Rippenbogen; doch das Seitenstechen möchte nicht verschwinden, bis Du schließlich eine Gehpause einlegen musst.

Seitenstechen – Was jetzt?

Unangenehmer und sicherlich noch ärgerlicher ist so eine Situation im Wettkampf: Man hat sich top vorbereitet, viel trainiert, auch ausreichend Regenerationsphasen eingehalten (vor allem in der letzten Woche vor dem Lauf), sich am Wettkampftag ein leicht verdauliches Frühstück genehmigt, etwas getrunken und dann dieses gemeine Stechen auf den ersten Wettkampfkilometern! Den Läufer plagen dann die Gewissensfragen: Bin ich zu schnell losgelaufen? Habe ich etwas Falsches gegessen? Oder habe ich zu viel getrunken? Im Training etwas falschgemacht? Was aber jetzt tun?

Zunächst ist es wichtig, dass der vom Seitenstechen geplagte Läufer erst einmal sein Lauftempo verringert; hilfreich kann es bei einem starken Stechen sein, gleich eine Gehphase einzulegen. Wenn das Seitenstechen dadurch nicht besser wir, dann sollte der Betroffene stehen bleiben, sich nach vorne beugen, dabei lange und langsam ausatmen, dies mehrmals wiederholen. Oft hilft es, wenn man zusätzlich mit einer Hand auf die schmerzende Stelle drückt.

Weitere Strategien gegen Seitenstechen

Danach sollte zunächst sachte und im moderaten Tempo weitergelaufen werden. Martin Grüning, Redakteur der Zeitschrift Runners World und selbst erfolgreicher Läufer, empfiehlt, jeweils dann auszuatmen, „wenn das Bein der nicht schmerzenden Seite auf den Boden aufsetzt. Wenn also die rechte Seite schmerzt, versuchen Sie immer dann auszuatmen, wenn der linke Fuß auf den Boden aufsetzt.“

Eine weitere Strategie, erneutes Seitenstechen zu vermeiden, wäre, möglichst tief und ruhig in den Bauch zu atmen und eine flache Brustatmung vermeiden. Zudem sollte das Reden mit Mitläufern vermieden werden, denn durch das damit verbundene unregelmäßige Atmen kann das Seitenstechen schnell wieder hervorgerufen werden. An Verpflegungsstationen (bei Wettkämpfen) sollte nur mäßig getrunken werden, am besten die Trinkmenge auch etwas über die Zeit verteilen. Und letztendlich muss natürlich auch das Lauftempo der aktuellen Fitness angepasst sein; sonst droht nicht nur das Seitenstechen (… vielleicht ja auch ein gutes Warnsignal ), sondern es wartet auf den letzten Kilometern der „Mann mit dem Hammer“, wenn sich die Kohlenhydratspeicher zu schnell leeren …

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