Essen mit Genuss und trotzdem abnehmen – durch Intervallfasten?
Grundsätzlich sei gleich zu Beginn dieses Artikels gesagt: Jeder muss seine eigene für sich passende Ernährungsform finden. Essen muss ein Genuss bleiben, ohne sich kasteien zu müssen. Um eine für sich passende Strategie zu finden, ist es aus unserer Sicht unabdingbar, erst einmal hinzusehen, was, wie und warum man isst, idealerweise ein Ernährungsprotokoll über zwei Wochen zu führen. Spannenderweise führt diese Visualisierung bereits zu einem veränderten (meist gesünderen) Essverhalten. Aufbauend auf den Aufzeichnungen können gezielte Hinweise gegeben werden, denn oft sind es nur kleine Dinge, die verändert werden müssen, um Gewicht zu verlieren. Pauschalempfehlungen sind wenig hilfreich. Es verhält sich im Bereich der Ernährung genauso wie im Sportbereich. Ein Beispiel: Das Laufen ist zwar eine effektive Methode zur Fettverbrennung, diese Sportart ist aber nicht für jeden geeignet.
Nach Auswertung des Ernährungsprotokolls können Strategien entworfen werden, um den Stoffwechsel anzukurbeln sowie den Anteil an unnötigen und ungesunden Kalorien zu senken. Die Basis für einen aktiven Stoffwechsel ist das Trinkverhalten: Zunächst ist eine ausreichende Menge wichtig (siehe unseren Blogartikel vom Juli 2018 unter diediagnostikzentren.de/2018/07/16/wieviel-trinken-ist-gesund-2/). Achte darauf, möglichst viel Wasser zu trinken und möglichst wenig süße Getränke zu Dir zu nehmen. So kannst Du Deinen Blutzuckerspiegel in einer guten Balance halten, denn ein hoher Blutzucker zieht immer eine Insulinausschüttung nach sich; bei hohem Insulinspiegel gehen die Blutfette in die Depots, also an Hüfte und Bauch. Bei den Mahlzeiten ist zudem Deine Esskultur wichtig: Lass Dir Zeit zum Essen und kaue lange, dann tritt das Sättigungsgefühl früher ein; so reduziert sich automatisch die Essmenge.
Das Intervallfasten ist im eigentlichen Sinn keine Diätform, sondern eine Möglichkeit, seine Ernährung dauerhaft umzustellen.
Welches Prinzip liegt dahinter? Es geht darum, über eine längere Zeitspanne keine Nahrung aufzunehmen. Du kannst damit beginnen, 12 Stunden am Stück nichts zu essen; diese Periode steigerst Du sukzessive auf 16 Stunden. In der Regel wird eine Mahlzeit ausgelassen. Nach Studienlage erscheint das Auslassen der Abendmahlzeit günstiger, da der Fettstoffwechsel wohl aktiver ist. Ärzte empfehlen auch schon seit über 100 Jahren das „Dinner Cancelling“ für abnehmwillige Menschen. Jedoch fällt es vielen schwer, nach einem langen Arbeitstag auf den Familienaustausch, das gemeinsame Abendwessen, zu verzichten. An der Uni Paderborn läuft unter Professorin Buyken aktuell eine Meta-Studie, die den Einfluss des Chronotypen auf die Ernährung untersucht: Sprich, wenn Du der „Eulen-Typ“ bist, der spät ins Bett geht, welche Mahlzeitenverteilung für Dich Sinn macht und welche Mahlzeit beim Intervallfasten sinnvollerweise weggelassen wir. Die Ergebnisse stehen noch aus.
Hungerphasen kennt unser Körper aus der jahrtausendelangen Erfahrung im Laufe der Evolution
Unsere Vorfahren waren immer solchen Notsituationen ausgesetzt. Nahrungsüberfluss gibt es erst in der Neuzeit. Professor Madeo, der gerade eine Studie zum Intervallfasten an der Uni Graz durchführt, schreibt dazu: „Die biologischen Prozesse dahinter waren schon lange in der Natur etabliert, da jedes natürliche Lebewesen, von einzelligen Beckerhefen bis zu komplexen Organismen wie Säugetieren, mit einer ähnlichen Situation konfrontiert war. Diese basieren auf der Wiederverwertung der nicht mehr benötigten Moleküle für die Energiebereitstellung – eine Art des biologischen Recyclings, sogenannte ‚Autophagie‘.“3
Der japanische Forscher Yoshinori Ohsumi erhielt 2016 den Nobelpreis für die Erforschung dieses Mechanismus der Zellreinigung. Wörtlich meinen die Wortbestandteile auto und phegein (griech.), dass sich der Körper selbst isst. Hinter dem Begriff steckt ein Reinigungsprozess, der durch die Fastenphase angeregt wird. Jason Fung erklärt dieses Prinzip anschaulich: „In einem regulierten, ordentlichen Vorgang werden Zellbestandteile zersetzt und recycelt, wenn die Energie nicht mehr ausreicht, um sie zu erhalten. Sobald alle kranken und funktionstüchtigen Zellteile ausgeräumt sind, kann der Körper beginnen, sie zu erneuern. Neues Gewebe und Zellen entstehen, um die zerstörten zu ersetzen. Auf diese Weise erneuert der Körper sich selbst. Aber das funktioniert nur, wenn die alten Teile erst einmal entsorgt werden.“4
Die Wirkung des Intervallfastens
Eine gesundheitsfördernde Wirkung auf den Stoffwechsel wurde bereits in vielen (Meta-) Studien nachgewiesen. Besonders Diabetiker (v.a. Typ-II) profitieren hierbei, bei vielen können Medikamente reduziert oder gar abgesetzt werden. Aber auch Menschen mit und nach Krebserkrankung weisen gute Effekte bei der Bewältigung der Krankheit auf, Blutdruckwerte werden gesenkt, das Immunsystem gestärkt. Letztendlich schaffen es viele, Ihr zu hohes Gewicht langfristig und überdauernd zu senken. Ein zu hohes Körpergewicht kombiniert mit Bewegungsmangel sind die wichtigsten Risikofaktoren für Zivilisationserkrankungen. Gleichzeitig kann sich (v.a. bei Abendfasten) die Schlafqualität verbessern, weil der Insulinspiegel entlastet wird. Auch das hat positive Wirkungen auf das Gewichtsverhalten.
Der große Vorteil des Intervallfastens:
Bei energiereduzierten Diäten geht immer „wertvolle“ Masse verloren, das ist die fettfreie Masse, also Muskulatur, was eine Reduktion des Grundumsatzes nach sich zieht und den gefürchteten JoJo-Effekt begünstigt. Beim Intervallfasten ist der Gewichtsverlust auf die Fettmasse stärker als bei Diäten, was auch in einer Körperfettmessung bei unserer Stoffwechsel- und Leistungsdiagnose nachweisbar ist. Wenn Du gleichzeitig eine gesunde Form der sportlichen Aktivität ansetzt (also aerobes Training in Kombination mit einem gezielten Kräftigung Deiner Muskulatur), dann wirst Du Deine „Corona-Kilos“ schnell wieder los.
Wir wünschen Dir jetzt in das Frühjahr hinein schöne erfüllende Bewegungseinheiten und einen gesunden Appetit!