Brigitte hatte die letzten Jahre kein leichtes Leben. Sie pflegte Ihre Eltern über lange Zeit, bis sie verstorben waren. Kurz danach kam in der Schwäbischen Zeitung die Ausschreibung für das Projekt „Fit bis 100“, die sie gleich mit großem Interesse las. Sie sich gleich an den Schreibtisch, um sich zu bewerben. „Jetzt bin ich mal dran!“ Das war Ihr Abschluss-Statement bei der Bewerbung. Sie hatte sich lange Zeit für andere geopfert, nun möchte sie sich endlich um sich und um ihre eigene Gesundheit kümmern. Ein großartiges Motiv, sagten wir uns bei der Auswahl der Bewerber, und Brigitte bekam den Platz für „Fit bis 100“.

Es ging los mit der Diagnostik, danach der Einstieg in das Nordic Walking und die Gymnastik. Motiviert ging Brigitte an die Bewegungs-einheiten. Zu Corona-Zeiten war sie unglaublich aktiv, im April 2020 sammelte sie sage und schreibe über 200 Walking-Kilometer. Jetzt muss ich aufpassen, dass sie es nicht übertreibt, sagte ich mir. Im Juni erreichte sie die Nachricht vom Unfall ihres Sohnes, der mit der Familie in Baden-Baden lebt. Er hatte beide Hände gebrochen. Das Baby war gerade eine Woche alt und ihr Sohn musste völlig versorgt werden, da beide Arme in einer Gipsschiene waren. Dazu gibt es noch zwei Söhne aus erster Ehe mit 7 und 10, die wegen Corona-Zeiten Home-Scooling hatten. Natürlich packt Oma Brigitte Sack und Pack und macht sich gleich auf den Weg nach Baden-Baden. Schnell schickte sie mir noch eine Nachricht, dass sie leider aus dem Projekt „Fit bis 100“ aussteigen müsse. Ich sah die Gefahr, dass sie den gleichen Fehler macht wie bei der Pflege Ihrer Eltern: Sich vollkommen für andere aufzuopfern, ohne dabei an sich selbst zu denken. Deswegen schlug ich ihr vor, ihren Trainingsplan auf ein Minimum zu reduzieren. Inhaltlich gab ich ihr 2x/Woche eine kurze Gymnastik-einheit (machbar während das Baby schläft), 1-2 flotte Spaziergänge mit dem Kinderwagen (umsetzbar, wenn das Baby nicht schlafen will), 1x die Woche eine Nordic Walking-Einheit (wenn die Mutter des Babys wieder zu Hause ist und sich kümmern kann).

Ich freute mich sehr, als Brigitte zurückschrieb, dass die Umstellung in die Familienarbeit zwar nicht einfach war, sie aber das vorgeschlagene Pensum gut erfüllen kann. Brigitte ist es gelungen, den notwendigen Ausgleich für Ihren Körper und ihre Psyche in dieser Situation zu schaffen. Es wäre immens schade gewesen, wenn Sie all das, was sie sich die Monate zuvor mit vielen Walking-Kilometern und fleißigen Gymnastikeinheiten aufgebaut hatte, wieder verloren wäre.

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