Gleich vorneweg darf man sagen, dass die Anzahl der Todesfälle bei sportlichen Wettkämpfen in Anbetracht der hohen Teilnehmerzahlen vergleichsweise gering ist. Doch nicht nur bei hohen sportlichen Wettkampfbelastungen, auch im Trainingsalltag des Aktiven lauern diverse Gefahren.
Trainieren bei Infekten – wann wird’s gefährlich?
Die wichtigste Ursache ist ein Training bei Infekt: Tückisch ist dabei, dass der Infekt in der Anfangsphase noch nicht bemerkt wird, obwohl der Körper schon mit den Bakterien und Viren kämpft. Die Nase läuft also noch nicht, man fühlt sich belastbar und geht raus, stellt hier vielleicht einen höheren Belastungspuls als üblich fest, denkt sich aber zunächst nichts dabei. Um diese Fehler zu meiden, lohnt es sich, den Ruhepuls regelmäßig zu bestimmen: Denn er zeigt als sensibler Parameter auf, dass etwas nicht stimmt, wenn dieser um 5-10 Schläge höher als gewohnt ist. Die besten und aussagekräftigsten Werte erhält man, wenn man frühmorgens vor dem Aufstehen misst. So kann vermieden werden, dass man mit einem angeschlagenen Immunsystem trainiert, was eine Herzmuskelentzündung nach sich ziehen kann.
„Über 90 % der Betroffenen sind der Männer. Falscher Ehrgeiz, der zu hohe Belastungsumfänge/-intensitäten fördert, Bagatellisierung/Ignoranz körperlicher Warnsignale, höhere Stressanfälligkeit, aber auch endokrinologische (hormonelle) Unterschiede kommen in Betracht“,
beginnt Dr. Stefan Graf seinen Artikel zum plötzlichen Herztod*. Frauen genießen dabei in der geringeren Häufigkeit von Herzproblemen den Vorteil, dass das Östrogen nach aktuellem Stand der Wissenschaft eine Schutzwirkung auf Koronarerkrankungen zugeschrieben wird. Nach den Wechseljahren fällt dieser Schutz jedoch weg, weswegen die Anzahl der Herzprobleme bei den Frauen ab ca. 50 Jahren deutlich zunimmt.
Radfahren & Joggen – gesund oder gefährlich?
Beim Laufen lassen sich höhere Raten an plötzlichem Herztod erkennen, dicht gefolgt vom Radeln; Langdistanzler sind mehr betroffen als Leute, die auf kurzen Strecken unterwegs sind. Grundsätzlich sind aber Radfahren und Joggen die gesündesten Sportarten, vor allem wenn man sich im Training im eher umfangsorientierten Bereich bei niedriger Intensität (= HVT / high volume training) bewegt, da ist sich die Welt der Sportmediziner einig. Doch es gibt Einschränkungen: Denn viele empfinden einen objektiv schon intensiveren Trainingsreiz als subjektiv noch recht locker und wenig beanspruchend, was wir in einer sportmedizinischen Untersuchung mit Analyse der Stoffwechselbedingungen sehr gut sehen können: hier wird während der ansteigenden Belastungen neben den objektiven Parametern wie Herzfrequenz und Blutdruck sowie Laktat und Atemgase das Belastungsempfinden abgefragt. So erkennen wir, wie sich die Belastung für den Probanden anfühlt und letztendlich kann ein Urteil darüber gefällt werden, wie seine Selbsteinschätzung ist. Das entscheidet grundsätzlich darüber, ob ein Sporteinsteiger oder ein Aktiver ohne Pulsmesser trainieren kann oder dieses Hilfsmittel dringend braucht, um sich nicht zu überfordern und im Trainingsprozess zu intensive Reize zu setzen.
Wer sich dran gewöhnt hat, ist noch lange kein Hochpulser
Spannenderweise beobachten einige unserer Probanden, die mit Pulsmesser unterwegs sind, höhere Belastungspulswerte und denken, sie seien Hochpulser, da sie sich ja noch gut fühlen und unterhalten können. Dass sie sich aber genau durch dieses Training systematisch an hohe Pulswerte gewöhnt haben, daran denken die wenigsten; sie radeln oder laufen demnach schlicht und ergreifend zu schnell, ohne sich dessen bewusst zu sein. Eine Stoffwechsel- und Leistungsdiagnose kann den Sachverhalt aufdecken und die Entscheidung fällen, ob jemand tatsächlich ein Hochpulser ist oder zu hohe Belastungsreize setzt. Ein Check-up lohnt sich also allemal.
*Quelle: Graf, S.: „Plötzlicher Herztod bei Sportlern“, In: Running 06/2015, S 88 ff